Interview und Textentwurf: Eris Qerkinaj, Stans Text: Daniel Graf, Jona
Jan Flückiger und Marcus Porsche machen keine halben Sachen. Für ihre Projektarbeit im Rahmen des P9-Projektwettbewerbs schlossen sie sich zusammen und verfolgten ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollten gemeinsam einen sogenannten FPV-Racing-Quadrocopter bauen – eine Drohne mit vier Rotoren, an der Kameras angebracht sind und die mittels Fernbedienung und Virtual-Reality-Brille gesteuert wird. Und damit nicht genug: «Unser Ziel war es, eine schnellere, wendigere und insgesamt bessere Drohne zu bauen, als die herkömmlichen Serienmodelle, die man im Laden kaufen kann», sagt Marcus.
Was für den Laien nach Science Fiction klingt, ist in Tat und Wahrheit schon länger ein etablierter Sport: In Wettkämpfen fliegen Piloten ihre Drohnen mit Geschwindigkeiten von weit über 100 Stundenkilometern durch einen wahnwitzigen Parcours. Auf ihrer Virtual-Reality-Brille sehen sie in Echtzeit die Bilder, die die Kameras an der Drohne aufnimmt. Der Pilot fühlt sich somit, als würde er selber in der winzigen Drohne sitzen. Wer den Parcours als erster abschliesst, gewinnt. Dass bei diesen Geschwindigkeiten immer wieder Drohnen den Parcours nicht überleben, gehört zu diesem Sport dazu. Zu einem Sport, der Marcus sichtlich fasziniert. Das merkt man, wenn er Videos von Meisterschaften auf seinem Handy wieder und wieder abspielt und nicht müde wird, technisch weniger Begabten die Details und Einzelheiten zu erklären, die für den perfekten Flug nötig sind.
Ein besseres Gerät als die auf dem Markt erhältlichen
Jan und Marcus stört es denn auch nicht, wenn sie als Nerds bezeichnet werden. «Das sind wir ja schliesslich schon ein wenig», sagen sie und schmunzeln. Und es ist schon so: Wenn sich zwei 16-Jährige vornehmen, ein Hightech-Fluggerät zu bauen, dafür die Software selber zu programmieren und am Ende auch noch ein in allen Belangen besseres Gerät herzustellen, als es auf dem Markt bislang verfügbar ist, kommt man um den Begriff kaum herum. Beinahe rechtfertigend schiebt Jan nach, sein Vater sei halt Informatiker, da habe er so einiges mit auf den Weg bekommen. Und dass er mit dem Geigenspielen ja auch noch ein anderes Hobby habe.
Die vom Vater vermittelten Informatik-Kenntnisse waren es, die Jan zum idealen Partner für Marcus machten: «Ich bin eher der technische Begabte, der sich um die Hardware kümmert. Jans Leidenschaft sind die Computertechnik und das Programmieren von Software – beides ist nötig, um einen funktionstüchtigen und leistungsfähigen Quadrocopter zu bauen.» Dafür bestellten sie im Internet diverse Bauteile, stets so aufeinander abgestimmt, dass sie bei möglichst geringem Gewicht eine optimale Leistung herausholen konnten. «Sobald wir alle Teile ausgewählt hatten, bestellten wir sie bei verschiedenen Händlern in der Schweiz, aber auch in Deutschland und den USA.»
Zwei Wochen dauerte es, bis alle Teile da waren und die beiden Tüftler mit dem Verlöten beginnen konnten. Als letztes war die Verbindung zwischen Fernbedienung, Copter und Akku an der Reihe – und prompt brannte der Motor in einer grossen Rauchwolke durch. «Das war so natürlich nicht geplant. Wir gingen davon aus, dass der Motor die Ursache war, also ersetzen wir ihn. Leider brannte auch der nächste Motor durch», erinnert sich Marcus. Wer sich hohe Ziele steckt, müsse eben auch einmal Rückschläge hinnehmen. Es sollte nicht der letzte bleiben. «Wir fanden heraus, dass es an einem Regler lag. Mit den letzten vorhandenen Ersatzteilen konnten wir den Bau unseres ersten Quadrocopters erfolgreich abschliessen und zu den Probeflügen übergehen.»
Hervorragendes Fluggefühl
Wobei Probeflüge leicht übertrieben ist: «Beim ersten Versuch liefen die Motoren einfach auf konstant hoher Drehzahl und liessen sich nicht regulieren. Nur mit viel Glück schafften wir es, den Probeflug ohne Schäden an der Drohne abzubrechen.» Erneut ging die Ursachenforschung los. Jan fand das Problem schliesslich bei einer Analyse der Software. «Also löschte ich kurzerhand sämtliche Programmierungen, installierte eine neue Software und nahm die Kalibrierung vor.» Jetzt endlich war es soweit: Pilot Marcus absolvierte erfolgreich den ersten Testflug – noch ohne VR-Brille zwar, aber mit einem «hervorragenden Fluggefühl».
Die Freude war allerdings erneut nur von kurzer Dauer: «Bereits nach rund 25 Flügen haben wir unseren Copter, nun ja, verloren», sagt Marcus – auch darüber kann er heute grinsen. Und mit «verloren» meint er genau das: «Der Kamerawinkel war nicht richtig einstellbar, wodurch ich auf meiner Brille beim geraden Schweben nur den Himmel, nicht aber den Boden sehen konnte.» Die versuchte Notlandung wurde zur Bruchlandung: «Ich sah durch die Brille noch kurz die Wiese, dann brach das Signal ab.» Das war natürlich auch für Jan ein Schock: «Ich dachte erst, Marcus wolle mich verarschen!», sagt er lachend. Doch auch eine mehrtägige Suchaktion verlief erfolglos: «Unser Copter blieb verschollen.»
Doch Marcus und Jan wären nicht die Nerds, als die sie sich selber bezeichnen, wenn sie sich dadurch hätten aufhalten lassen: «Wir beschlossen, einen neuen Copter zu bauen. Und wenn wir schon dabei waren, konnten wir ihn auch gleich besser machen, als denjenigen, den wir verloren hatten», sagt Marcus schulterzuckend. Da beinahe monatlich neue, noch bessere Bauteile auf den Markt kommen, war es ihnen möglich, die Performance beim Bau des zweiten Copters noch einmal zu verbessern. «Mit neuen Motoren und einer besser verstellbaren Kamera wollten wir noch einmal 15 Stundenkilometer schneller werden – und natürlich dafür sorgen, dass nicht noch eine Drohne verloren geht.»
Zwischen 175 und 185 km/h
Noch bevor sie die Hoffnung, die alte Drohne doch noch zu finden, gänzlich begraben hatten, bestellten sie neue Teile. «Das alles war nicht ganz billig», gesteht Marcus. Das ursprüngliche Budget von 2500 Franken sei am Schluss doch deutlich überschritten worden: «Letztlich haben wir um die 3200 Franken für unsere zwei Copter ausgegeben», rechnet Marcus vor. Geld, das vor allem er durch Ferienjobs verdient hatte. «Von der Schule oder unseren Eltern erhielten wir keine finanzielle Unterstützung», betonen die beiden.
Dafür sind sie umso stolzer auf das Ergebnis. «Wir waren uns sicher, dass wir das ursprüngliche Ziel von 150 km/h mit dem zweiten Copter überboten hatten. Allerdings stellte sich die Frage, wie wir die Geschwindigkeit messen sollten.» Die Idee, mit der Polizei und deren Geschwindigkeitsmessgeräten zu arbeiten, mussten die beiden Tüftler wieder verwerfen: «Unser Fluggerät war zu klein, um vom Laser erfasst zu werden.» Also bedienten sie sich eines rechnerischen Tricks. Und siehe da: «Wir kamen zum Schluss, dass unser Copter tatsächlich zwischen 175 und 185 km/h fliegen kann. Ein hervorragendes Ergebnis, mit dem wir sehr zufrieden sind.»
Nun liegt es vor allem an Marcus, in stundenlangem Training seine Fähigkeiten als Copter-Pilot zu verbessern. Und wer man einmal die Leidenschaft gespürt hat, mit der die beiden das Projekt vorangetrieben haben, der glaubt Marcus sofort, wenn er zum Abschied sagt: «Verfolgt die FPV-Racing-Schweizermeisterschaften. Gut möglich, dass ihr unseren Copter da schon bald sehen werdet.»
Wieso habt ihr eure Drohne verloren und wieso habt ihr kein GPS eingefügt?
Wir haben unsere Drohne verloren, weil die Verbindung schlecht war und die Drohne dann im 50°-Winkel war. Bei 30° fliegt die Drohne weiter, und bei 50° geht die Drohne nach unten. Ein GPS haben wir nicht eingebaut, weil das Gewicht ungleich verteilt gewesen wäre – die Drohne hätte nicht mehr gerade fliegen können.
Seit ihr Nerds?
Marcus: Ich würde sagen ja, weil ich mich für die Technologie sehr interessiere, und ausserdem bin ich ein Hardware-Typ und Jan eher ein Software-Typ.
Jan: Ja, zum Teil. Aber ich interessiere mich ebenfalls für Technologie, ausserdem ist mein Vater Informatiker und hat mir paar Sachen beigebracht. Ich habe noch ein anderes Hobby – und das ist Geige spielen.
Habt ihr Kopfschmerzen, wenn ihr die ganze Zeit mit der Drohne fliegt?
Marcus: Nein, habe ich nicht. Es macht mir Spass, mit der Drohne zu fliegen. Es ist aber zum teil schwierig, weil man sich immer der Drohne anpassen muss. Jan fliegt mit der Drohne nicht, er ist eher derjenige, der zuschaut.
Wo bekommt ihr die Bauteile?
Wir bekommen sie aus Onlineshops, die vor allem Quadrocopter-Teile anbieten. Die sind meistens teuer, aber es lohnt sich, denn wir wollen immer die neuste Technologie.
Was ist euch schwer gefallen?
Der Zeitplan war einfach erstellt, aber schwierig zu halten. Wir empfehlen euch, den Zeitplan möglichst aktuell zu halten und es auch immer durchziehen, weil man dann am Ende Stress hat und gerade noch knapp fertig wird. Die Drohne zusammenzubauen, war auch noch schwierig.
Woher habt ihr das Geld genommen?
Marcus: Ich habe das sozusagen alles finanziert, Jan eher weniger. Ich habe das durch Ferienjobs finanziert, und die Eltern musste nicht mithelfen. Insgesamt mussten wir 3500 Franken investieren. Wir hatten uns zuerst ein Limit gesetzt: 1500 Franken. Dann haben wir das Limit erhöht auf 2300 Franken. Durch den Verlust der ersten Drohne wurde das Ganze dann aber noch teurer.
Ihr sagtet ja, die Technologie entwickle sich sehr schnell weiter. Wenn eure Drohne im Moment beispielsweise 120 km pro Stunde fliegen kann, in zwei Monaten aber bereits 220 erreichen könnte, ist das nicht frustrierend für euch?
Nein weil es geht nicht nur um die Geschwindigkeit, sondern auch um die Qualität der Drohne und darum, wie sie fliegt. Ob man sich der Drohne anvertrauen kann, das ist uns wichtig. Wir programieren die Drohne auch immer wieder auf den neusten Stand.
Jan Flückiger
Geburtstag: 04.08.2001
Schule Oftringen (ehem.) Bezirkschule
Kantonsschule Zofingen
Oftringen
Marcus Porsche
Geboren: 10.04.2001
Schule Oftringen (ehem.) Bezirkschule
Lehrstelle als Polymechaniker, Wikon, Hunkeler AG
Aarburg
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