Finalistinnen und Finalisten des Wettbewerbs «Projekt 9» mit den Teilnehmenden der Medienwerkstatt. 

Rückblick und Ausblick Wettbewerb P9  

Von Erich Lipp

10 Jahre Wettbewerb P9 im 2018, unglaublich. Wie oft habe ich gezittert und gebetet, dass das nötige Geld für den Wettbewerb zustande kommen mag? Wie oft habe ich gezweifelt, ob die Schulen für einen Wettbewerb überhaupt mitmachen? Und wie oft war ich vor dem Finaltag nervös, weil ich mich gefragt habe, kommt es gut mit der Organisation, sind die ausgewählten Finalprojekte qualitativ überzeugend und kommen genügend Zuschauerinnen bzw. Zuschauende?

Die 10 Jahre waren ein kontinuierlicher Steigerungslauf. Dank der Unterstützung des TEP (Tagungs- und Publikationsmanagement) der PH Luzern wurde der Wettbewerb immer professioneller organisert. Nach jedem Wettbewerb wurde mit Hilfe mündlicher und schriftlicher Feedbacks aller Beteiligten am Wettbewerb (Jury, Studierende Vorauswahl, Sponsoren, Finalteilnehmende, Strategiegruppe ZIPP, Zuschauende sowohl Lehrpersonen als auch Schülerinnen und Schüler) der Finaltag evaluiert. Dabei nahmen auch wir uns von der Projektorganisation Zeit, um den ganzen Prozess bis zum grande Finale aber auch den Finaltag selber kritisch unter die Lupe zu nehmen. Aus den Feedbacks aber auch aus der Selbstreflexion zogen wir jeweils die nötigen Konsequenzen, so dass der Wettbewerb in den letzten drei Jahren fast reibungslos über die Bühne gehen konnte.

Zurück zu meinen Eingangsfragen. Wie oft habe ich gezittert und gebetet, dass das nötige Geld für den Wettbewerb zustande kommen mag?
Immer wieder ist es gelungen, das nötige Geld zusammenzubringen. Leider sehen Stiftungen ihr Engagement als Anschubfinanzierung und verabschieden sich dann mit der Zeit als Geldgebende. In dieser Beziehung war keine Kontinuität möglich. Stiftungen wechselten sich ab, Wirtschaftsbetriebe sagten für ein bis zwei Jahre zu. Gut hat uns die Josef Müller Stiftung in all den Jahren unterstützt. Auch der Kanton Luzern hat sich über all die Jahre finanziell beteiligt. Und der Schulverlag Bern war über all die Jahre ebenfalls ein grosszügiger Partner. Weiter hielten uns der Verein Jugend & Wirtschaft aber auch das Migros Kulturprozent über mehrere Jahre die Treue. Sie waren sehr grosszügige Sponsoren. Migros Kulturprozent trat im Herbst 2016 als Hauptsponsor zurück, sie finanzierte dann 2017 noch die Wettbewerbspreise und wird dies auch im 2018 tun. Just zum Jubiläum 2018 ist leider der Verein Jugend & Wirtschaft ausgestiegen. Dies hat mir mehrere schlaflose Nächte beschert. Zum jetzigen Zeitpunkt (Dezember 2017) ist immerhin die Hälfte des benötigten Geldes beisammen. Im 2018 werden wir noch einmal alles unternehmen, um auch noch die restliche Finanzierung zu sichern.

Wie oft habe ich gezweifelt, ob die Schulen für einen Wettbewerb überhaupt mitmachen mögen?
Toll wie viele Schulen sich am Wettbewerb beteiligt haben. Schulen der Kantone Obwalden, Luzern, Uri, Zürich, Aargau, Bern, Solothurn, Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen, Wallis, Baselland, Thurgau und des Fürstentum Liechtenstein haben am Wettbewerb teilgenommen. Viele Schulen setzten sich zum Ziel, jedes Jahr Projekteingaben einzusenden. Diese Ziele peilten vor allem die Schulen Dagmersellen und Root (Kanton Luzern) aber auch verschiedenste Schulen des Kantons Solothurn an. So überrascht es nicht, dass einige dieser Schulen nicht nur bei den Finalteilnahmen, sondern auch beim Coachingpreis jeweils obenauf schwangen.

Folgende Schulen haben bis jetzt diesen Coachingpreis, der Schulen für ihr Engagement im Projektunterricht auszeichnen will, gewonnen:
• Schule Dagmersellen LU (2017, 2016, 2014, 2012)
• Schule Root LU (2017, 2016, 2014)
• Schule Kriens LU, Schulhaus Roggern (2016)
• Schulhaus Mur, Breitenbach, Kreisschule Thierstein West SO (2015)
• Schule Ettiswil LU (2015)
• Schule Buttisholz LU (2013)
• Schule Speicher AR (2011)
• Kreisschule Seedorf UR (2010)

Am ersten Wettbewerb 2009 gab es schon 94 Projekteingaben.
Hier die Projekteingaben in den folgenden Jahren:

• 2010: 124 Projekteingaben
• 2011: 81 Projekteingaben
• 2012: 113 Projekteingaben
• 2013: 110 Projekteingaben
• 2014: Rekord mit 160 Projekteingaben
• 2015: 140 Projekteingaben
• 2016: 85 Projekteingaben
• 2017: 65 Projekteingaben

Auffällig an diesen Eingaben ist es, dass das letzte Jahr die wenigsten Eingaben hatte. Quantitativ zwar ein Einbruch, aber nicht von der Qualität her. Denn das 2017 war von der Qualität her die beste Ausmarchung. Waren in den vergangenen Jahren stets die Individuellen Projekte von hoher Qualität, so hatte es im 2017 auch erstmals auffallend viele tolle Gruppenprojekte, so dass es für die Studierenden, die die Vorauswahl tätigen, zum ersten Mal schwerfiel, unter den ausgewählten Gruppenprojekte Favoriten für den Final zu bestimmen. So waren alle 10 Finalprojekte im 2017 einfach nur topp. Vor 2017 war dies nicht in allen Finalaustragungen der Fall, weil die Kategorie Gruppenprojekte immer wieder ein Sorgenkind war. In zwei Jahren mussten wir uns anstatt der fünf vorgesehenen Gruppenprojekte, die am Finaltag immer am Nachmittag präsentiert werden, auf drei oder vier Gruppenprojekte beschränken.

Wegen des quantitativen Rückganges stellen wir uns folgende Fragen:
Mit welchen Massnahmen gelingt es uns, wieder vermehrt Schulen für den Wettbewerb zu begeistern?
Obwohl der Projektunterricht inzwischen in vielen Kantonen etabliert ist (neueste Kantone wie Zug, Nidwalden oder auch Basel-Stadt sind neu dazugekommen) sollten es doch eher mehr Projekteingaben geben? Wir vermuten, dass viele Schulen nur Toppprojekte eingeben wollen. Dies ist keineswegs unsere Absicht, denn wir möchten erstens wieder eine breitere Auswahl haben und zweitens hat es schon ein paar Mal gezeigt, dass viele Schulen gar nicht damit rechneten, Schülerinnen und/oder Schüler im Final zu sehen. Letzteres ist vielleicht darauf zurückzuführen, weil wir in unseren Beurteilungskriterien den Prozess stark gewichten. So kann ein gutes Produkt noch kein Garant für eine Finalteilnahme sein. Denn uns vom Wettbewerb interessiert auch der Prozess. Wie verlief der Prozess? Wo hatte es Schwierigkeiten? Wo konnten Planung und Ziele eingehalten werden, wo nicht? Wo stellen wir wirklich ein Projekt fest, indem bewusst eine Herausforderung und vielleicht auch Risiken eingegangen worden sind? Wurden Projektmanagementmethoden wie Kreativitätstechniken, Tools zur Projektvorbereitung, Planungsinstrumente, Problemlösetechniken oder Evaluationsinstrumente eingesetzt? Zu guter Letzt möchten wir aber Schulen unabhängig von den 10 preisgekürten Projekten animieren, Schülerinnen und Schüler, die sich durch ein besonderes Engagement im Projektunterricht ausgezeichnet haben, für den Wettbewerb anzumelden. Denn alle Teilnehmenden erhalten ein Zertifikat, ein kleines Geschenk und ein mündliches Feedback der Studierenden der Vorauswahl.

Wie gelingt es, vermehrt auch Schulen, die einen weiteren Anreiseweg haben, am Wettbewerb teilzunehmen?
Ab 2019 überlegen wir uns, auch andere Austragungsorte als Luzern ins Auge zu fassen.

Wie gelingt es auch wieder Schulen, die nicht mehr mitmachen, wieder von einer Teilnahme zu überzeugen?
Wir stellen fest, dass es in den letzten Jahren immer mehr regionale oder lokale Wettbewerbe gibt. Diese Schulen argumentieren dann, dass sie den Lernenden den Aufwand, an zwei solchen grossen Wettbewerben mitzumachen, nicht aufbürden wollen. Einige Male waren Schulen über unseren Entscheid enttäuscht und wollten wissen, wieso es keine Finalteilnahmen gegeben hat oder wieso nun ein anderes Projekt als Sieger im Final gekürt worden ist. Hier sind wir uns bewusst, dass unsere Beurteilung nie zu 100% validierbar ist. Wir geben unsere grösste Mühe, fair und transparent mittels Kriterien die richtigen Entscheidungen zu fällen. Bei drei Schulen gelang es uns trotz Bemühungen nicht, sie von einer erneuten Teilnahme zu überzeugen. Schade.

Insgesamt darf konstatiert werden, dass aber jeder Wettbewerb immer ein Highlight war. Nicht nur der Finaltag an und für sich, sondern auch der Prozess während des ganzen Jahres. So konnte ich auf ein eingespieltes Team innerhalb der PH Luzern zählen, aber auch auf konstruktive Kooperationspartner und Medienpartner. In den ersten Jahren hatte ich in der Person von Daniel Friederich vom Schulverlag Bern eine tatkräftige Unterstützung. Zwischenzeitlich stiess die SGO (Schweizerische Gesellschaft für Organisation und Management) zur Projektorganisation hinzu. In den letzten Jahren waren wir von ZIPP zusammen mit dem TEP alleine zuständig für die Organisation. Sporadisch haben wir hier die Strategiegruppe des ZIPP oder unsere damaligen Hauptsponsoren (Migros Kulturprozent in den Personen von Cornelia Hürzeler und Ursula Huber als auch Jugend & Wirtschaft in der Person von Urs Marti) zu gewissen Aspekten mit ihren Meinungen einbezogen. Nebst der immer professionell werdenden Organisation hat sich der Einbezug der Studierenden bewährt. Unsere Studierenden besuchen im 5. und 6. Semester je ein Modul zu Projektunterricht und Projektmanagement. Die Studierenden des 8. Semesters laden wir dann ein, die Vorauswahl der eingegangenen Projekte zu tätigen. Ab dem Jahr 2013 fanden wir immer genügend Studierende, die sich dieser Aufgabe, natürlich gegen ein finanzielles Entgelt, annahmen. Und sie meisterten dies mit Bravour. Anhand der Kriterien gaben sie uns jeweils Rechenschaft darüber ab, welche acht bis zwölf Individuellen Projekte und welche sechs bis neun Gruppenprojekte sie im Final sehen würden. Das Präsidium der Jury Individuelle Projekte und auch der Gruppenprojekte studierte darauf hin nochmals all diese vorgeschlagenen Projekte eingehend und entschied sich dann im Austausch, auch manchmal mit mir, für die je fünf Finalprojekte. Ebenso schlugen die Studierenden auch Schulen für den Coachingpreis vor. Hier diskutierten wir dann gemeinsam, welche Schulen ausgezeichnet werden sollen.

Sowieso ist es toll, wie immer mehr Studierende sich für den Wettbewerb engagieren, sei dies in der Vorauswahl oder bei der Mithilfe am Finaltag selber, sei es für die musikalische Umrahmung oder auch für die Moderation. In den letzten Jahren hatten wir bei der Moderation mit Valentin Bühlmann, der nun als Sekundarlehrer in Risch Rotkreuz tätig ist, einen wahren Glücksgriff. Dieser Miteinbezug der Studierenden ist auch ein Verdienst meines Arbeitgebers der PH Luzern, weil sie diese Honorare für all diese Arbeiten bezahlen.
Wie oft war ich vor dem Finaltag nervös, weil ich mich gefragt habe, kommt es gut mit der Organisation, sind die ausgewählten Finalprojekte qualitativ überzeugend und kommen genügend Zuschauerinnen bzw. Zuschauende?

Welch Freude dann am Finaltag. Perfekte Organisation (bis auf einige technische Aussetzer beim Abspielen von Filmen, dies haben wir inzwischen aber auch im Griff :-) und geniale Präsentationen. Gerade die Präsentationen sind in den letzten Jahren dank des Coachings im Vorfeld von unserem Zentrum Theaterpädagogik (ZTP) noch professioneller geworden. Wenn mich eine Person fragen würde, welche Präsentationen sind dir in bester Erinnerung geblieben, dann würde ich antworten: ALLE!

Ich bin wirklich jedes Mal beeindruckt von der Vielfalt, von der Originalität, vom Prozess aber auch von den jungen Menschen, die so selbstverständlich vor 300 Personen reden können. Einige besondere Episoden möchte ich aber trotzdem, ohne all den bis jetzt fast rund 100 Finalprojekten zu nahe zu kommen, ausplaudern:

Endlich hat ein Realschüler den Wettbewerb gewonnen. So konnten wir all den Kritikern zeigen, dass im Projektunterricht, egal welches Niveau in der Schule besucht wird, alles möglich ist.

Ein Schüler, der vor jeder bisherigen Präsentation stotterte aber am Finaltag das Stottern vergass, weil er sich so mit seinem Projekt identifizierte.

Ein Gruppenprojekt, das mit einem Wetterballon Fotos aus 20 km Höhe von unserer Erde knipste. Nach mehrmaligen Versuchen mit selbstgebastelten Ballonen und kälteerprobten «GPS-Smartphones» mussten sie plötzlich einen Ballon im süddeutschen Raum holen gehen. Ihre Irrtümer und gelungenen Versuche wurden dann schlussendlich zu einer Erfolgsstory! Nach dem Wettbewerb brach ihre Website wegen des Ansturmes zusammen und sie wurden von der Swisscom für einen Werbefilm geködert. So konnten sie ihr Sackgeld aufpeppen.

Ein unwahrscheinlich schön illustriertes Bilderbuch, das gestalterisch aber auch textlich vollends zu überzeugen wusste.

Ein Gruppenprojekt, bei dem die Projektorganisation mit den Verantwortlichkeiten perfekt umgesetzt wurde: Zwei Personen fürs Handwerkliche mit Ressortaufteilung, eine Person für die schriftliche Arbeit und eine Person für das Kulinarische :-)

Ein weiteres Gruppenprojekt, wo vier Jugendliche aus dem Luzerner Hinterland aus einem 125-Kawasakimotor einen Traktor bauten.

Eine Dreiegruppe, die sich zum Ziel nahm, alle Luzerner Gemeinden mit dem Velo zu besuchen und aus jeder Gemeinde eine Geschichte mit Kurzporträts zu verfassen.

Porträts von 101 Personen im Alter von 0 bis 100

Ein selbstgeschriebenes hochstehendes Buch, aus dem bei der Präsentation mit Stolz vorgelesen wurde.

Ein selbstgebauter Schokoladenautomat, ein selbstgebauter Zugseilwickler, ein selbstgebautes Holzbike, tolle Filme wie beispielsweise Lego-Stop-Motion-Film, Film mit selbst gemachten digitalen Zeichnungen oder Dokumentationsfilm über Tiere… und und…

Alle Projekte zeigten eindrücklich, welches Potential in den Jugendlichen steckt und wie sehr sie es geniessen, für einmal einer selbstgewählten Idee nachzugehen und dafür mehrere Wochen Zeit mit einem Gefäss von zwei oder drei Wochenlektionen zu haben. Selbstwirksamkeit pur. Hoffentlich können alle Jugendlichen diese positiven Erfahrungen in ihre Berufswelt (auch für die Vertiefungsarbeit in der Lehre) aber auch fürs Gymnasium (Vorbereitung für die Maturaarbeit) oder für die Universität (Vorbereitung für die Masterarbeit) mitnehmen.

Übrigens, falls eine Person interessiert ist, wer von welcher Gemeinde in einem Final gestanden ist, kann dies auf unserer Website der PH Luzern beim ZIPP unter Wettbewerb P9 nachschauen. Hier sind alle Ranglisten der vergangenen Jahren aufgeschaltet.

Berührend, wie viele Lehrpersonen, die wir jeweils auch für ihre Begleitung der prämierten Projekte ehren, diese Wertschätzung mit Genugtuung entgegennehmen. Schön auch, wie oft der Hörsaal 1 im UNI/PH Gebäude sowohl am Morgen wie auch am Nachmittag gut gefüllt waren. In einem Jahr hätten wir den Hörsaal sogar doppelt füllen können. Erstmals mussten wir Absagen erteilen, weil unser Final ausverkauft war.

Zu guter Letzt bleibt mir die Hoffnung, dass auch zukünftig Schülerinnen und Schüler mit Stolz ihre Projekte vor einem grossen Publikum präsentieren können. Verdient hätten sie es! Hoffen wir auf mindestens weitere 10 Jahre Wettbewerb. Denn der Projektunterricht braucht diese Veranstaltung, um den Projektunterricht an den Schulen weiterzuentwickeln und das Image weiter voranzutreiben. Sollte einmal überlegt werden, den Projektunterricht wieder abzuschaffen, was ich nicht hoffe, dann laden wir all jene Kritiker, die keinen Bildungswert im Projektunterricht sehen, ein, einmal einen Wettbewerb zu besuchen oder die vielen Schulen, die bei uns teilnehmen, einmal im Projektunterricht zu besuchen. Ich bin überzeugt, spätestens dann werden ihre kritischen Stimmen verstummen ansonsten ist diesen Menschen, die meist für alles immer Ausreden haben, eh nicht zu helfen.

Viva la vida oder Viva Projektunterricht! 

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